Unsere Kleine Welt-WG 3/1

Folge 3: Der Besuch der Stalkerin

Szene 1, Rückblende, im Audimax während des Ministerbesuchs
Blick auf die Sitzreihen, Carlos hantiert mit dem Fotoapparat. Er macht Aufnahmen schaut sie dann auf dem Display an, geht zwischendurch ins Menü der Kamera, dann wieder fotografiert er konzentriert. Plötzlich bemerkt er, dass Havin gemeinsam mit Adrian und Professor Schneidinger im Vortrag sitzt. Sie winkt ihm, er fotografiert sie mit ihrem Chef. Dann schaut er auf die Bilder und erschrickt.

Carlos Stimme (aus dem off): Ich war ganz schön aufgeregt, aber ich dachte mir, so schwer kann es nicht sein, ein Foto von Ravi zu machen, ich filme ja auch die Interviews für Adrian, wichtig ist nur, dass ich nicht die Treppe runterfalle. Dann merkte ich, dass Havin auch im Vortrag sitzt, neben diesem Informatikprofessor, also ihrem Chef und ich mache ein Foto von den beiden. Als ich mir das Foto auf dem Kameradisplay anschaue, ist da nicht nur das Foto von Havin und ihrem Chef, die im Hörsaal sitzen, sondern auch ein Foto, wie sich die beiden umarmen, und da habe ich, warum auch immer, gedacht: Das ist eine Zauberkamera, die in die Zukunft hineinfotografiert, mit künstlicher Intelligenz. Die Kamera analysiert das Foto von Havin und ihrem Chef, sieht, dass die so harmonisch zusammenpassen und glücklich aussehen, daraus erarbeitet die KI der Kamera eine Prognose, dass die beiden … zusammenfinden, … also Paarbildung unter erwachsenen Menschen und das zeigt die Kamera als Bild, wie die sich umarmen. Dachte ich und dachte auch, das kann doch nicht sein, aber ich dachte gleichzeitig, wenn ich jetzt noch zu weiteren Bildern nach vorne klicke, komme ich noch weiter in die Zukunft und die Kamera zeigt mir, wie die beiden Sex haben, und das wollte ich nicht sehen, das wäre ja total peinlich. Und ich dachte, dass Havin das auch nicht will…

Szene 2 WG-Wohnbereich
Carlos sitzt mit Tickla zusammen und erzählt. Die Offstimme von Szene 1 gehört zu seinem erzählten Rückblick.
Carlos: So ein hirnrissiger Quatsch dachte ich, aber im Stress, und das war Stress, denkt man manchmal irre Sachen. Dabei war das ja ganz anders.
Tickla: Wie war es denn?
Carlos: Das Bild war nicht aus der Zukunft, sondern aus der Vergangenheit, was denn sonst? Der Fotograf hat die Fotos von Havin und ihrem Chef gemacht, bevor er ins Audimax kam, und warum?
Tickla: Weil sie hübsch ist?
Carlos: Weil sie einen Preis gewonnen hat!
Tickla: Was denn für einen Preis?
Carlos: Frage sie doch selbst, mir erzählt sie nichts.
Tickla raus aus der Küche, man hört den Wäscheständer umfallen
Tickla: Havin, Havin, bist du da?
Havin: Ja…
Tickla: Störe ich?
Havin: Nein, aber der Wäscheständer ist umgefallen!
Tickla: Carlos, der Wäscheständer ist umgefallen!
Carlos: Kann ich da was dafür?
Tickla: Du hast gesagt, du würdest das Knick-Bein reparieren, hast du aber nicht gemacht
Carlos kommt missmutig und beginnt den Ständer wiederaufzurichten.
Tickla: Havin, Carlos verbreitet in der Küche Gerüchte über dich, die ich dir jetzt erzähle. Du kannst das bestätigen, …oder dementieren. Erstens: hat dich der Fotograf fotografiert, weil du einen Preis gewonnen hast?
Havin: Ja, ich habe den GI-Preis der Gesellschaft für Informatik für mein letztes Paper (*) gewonnen. Das ist nur eine kleine Auszeichnung. Aber mein in Chef wurde für die Konrad-Zuse-Medaille vorgeschlagen, das ist eine Sensation, und die Neuigkeit, dass er nominiert ist, hat ihm der Abgesandte von der Gesellschaft für Informatik zugeflüstert, als der mir die Preisurkunde gebracht hat, da war der Chef ganz aufgedreht.

(*) Paper ist Akademiker-Jargon für eine Veröffentlichung in einer wissenschaftlichen Publikation.

Tickla: Und wie ist das mit deinem Chef? Wie cheffig ist er denn? Carlos hat gesagt, auf dem Foto umarmt er dich, darf der das?
Havin: So wie er es macht, darf er das schon! Chef mit Berührungserlaubnis, Level one
Tickla schaut fragend
Havin: Level one oft ten, Hand, Schulter, Tastatur, aber in der Konrad-Zuse-Medaillen-Euphorie hat er Level zwei gerade noch eingehalten
Carlos: Da müssen wir feiern, deinen Preis, was hast du gewonnen?
Havin: Eine kostenfreie Jahresmitgliedschaft in der Gesellschaft für Informatik.
Carlos: Ich mache einen Sekt auf
Havin: Danke, aber du weißt, dass ich keinen Alkohol trinke?
Carlos: Das ist sehr vernünftig, leider bin ich eher ein emotionaler Typ,
Tickla: Und was hat man von der Mitgliedschaft in der Gesellschaft für Informatik?
Havin: (schmunzelt, zuckt mit den Schultern) Man trifft andere Informatiker?


Szene 3: Im Wohnbereich
Die Haustür ist zu hören, dann fällt wieder der Wäscheständer um, Ravi flucht
Ravi: Carlos, wolltest du nicht den Wäscheständer reparieren?
Carlos: Ja, wollte ich, aber jetzt trinke ich Sekt, wir müssen Havin feiern, sie hat den Informatiker-Preis gewonnen
Ravi: Der GI-Preis der Gesellschaft für Informatik? Das war doch schon letzte Woche
Carlos: Ach, du weißt davon, mir hat niemand was gesagt
Ravi: Was gehst du auch immer abends ins Labor?
Carlos: Weil ich tagsüber in der pinche Pfandflaschenrücknahmestation meine wertvolle Zeit verplempere. Wer einen Preis gewinnt, muss das hier am schwarzen Brett veröffentlichen, da hängst nur du mit dem Minister und ich kann bei der Gelegenheit noch einmal daran erinnern, das Bild habe ich gemacht.
Ravi: Achtung, schau mal! Ich habe mir zum zweiten Mal innerhalb von einer Woche eine Zeitung aus Papier gekauft,
(er schlägt eine überregionale Tageszeitung auf, in der ein großes Bild von ihm und dem Minister zu sehen ist)
Carlos: Das Bild ist nicht von mir, schade
Tickla: Da staunt jetzt ganz Deutschland über unseren Ravi, du wirst bewundert
Ravi: Aber nur von dir, und darum geht es nicht, es geht darum, dass alle unsere Technologie verstehen, und kapieren, welche alternativen Energien, wo am besten eingesetzt werden, damit das Gesamtsystem funktionieren kann. Und genau in dem Moment, indem ich das erklären wollte, ist der Fotograf gestolpert, die Treppe runtergeflogen und ich war völlig aus dem Konzept, habe die Einsatzgebiete nicht scharf getrennt, schlecht formuliert, und was steht dann in der Zeitung? Nur oberflächliches Geplapper: Der Minister sei überzeugt vom Lösungsansatz der Wissenschaftler, aber der Lösungsansatz wird nicht erklärt. Wird wieder nur ein bisschen oberflächlich über Wasserstoff rumgeredet, dabei haben wir mit Wasserstoff überhaupt nichts zu tun, wir wollen Prozesswärme für industrielle Anwendung, durch Hochleistungswärmepumpen, also durch elektrischen Strom bereitstellen, aber Wasserstoff, um sich zuhause die Füße wärmen hat in dem Zusammenhang überhaupt nichts zu suchen und ist sowieso extrem unökonomisch. Der Schreiberling, (er deutet auf die Lokalzeitung, die an der Wand hängt) der hier am Werk war, hat es intellektuell überhaupt nicht erfasst, der wäre durch alle Prüfungen durchgeflogen. Der hier ist schon etwas besser, aber auch nicht Fehler frei.
(während er redet und die anderen über den Zeitungsartikel gebeugt sind, holt er aus einem Vorratsschrank eine kleine Flasche Kirschsaft und zwei Sektgläser oder andere besondere Gläser und schenkt sich und Havin ein. Zu Havin gewandt)
Ravi: Dann stoßen wir mal auf dein Paper an. Wie war der Titel? Evolution of Disaster Risk Assessments: Big Data Analysis. Ich hoffe, es wird besser verstanden, als mein verkorkster Vortrag
Harvin: Nur Fachidioten werden mein Paper lesen, das ist sicher. Aber ich mag Fachidiotinnen und Fachidioten!
Ravi: Das ist eine gute Voraussetzung für eine wissenschaftliche Karriere im Wissenschafts-Nischen-Dasein.
Carlos: (zu Ravi) Wie war der Titel?
Ravi: Evolution of Disaster Risk Assessments: Big Data Analysis
Carlos: Das hast du auswendig gelernt, um Havin zu beeindrucken, gib es zu!

Szene 4: Büro Adrian
Adrian sitzt in seinem ungeordneten Büro am Schreibtisch und telefoniert. An den Wänden einige Poster, die seine politische Position unterstreichen (z.B. Aufruf zum Streik auf Spanisch und kalifornische Happenings) Sein Fahrrad lehnt so an der Vorderseite des Schreibtisches, dass es den Weg versperrt.
Adrian (am Telefon): Die Erkenntnis, dass ein Experiment keinen Erkenntnisgewinn liefert, ist keine Erkenntnis. Aber ein Experiment, das eine bestimmte Menge von Lösungsansätzen falsifiziert, bringt durchaus eine Erkenntnis, nämlich die, dass die Forschung in andere Richtungen betrieben werden muss, und das kann eine sehr wertvolle Erkenntnis sein. Mir geht es bei meinem Ansatz immer darum, der Erkenntnis durch Parametrisierung einen Wert zuzuweisen und diesen Wert mit den Kosten, die für den Erkenntnisgewinn aufgebracht wurden in Relation zu setzen. So, dass der Erkenntnis- oder Innovationsindex größer oder kleiner Eins sein kann…

Adrian lauscht der Antwort im Hörer, während die Assistentin das Zimmer betritt und Adrian einen Stapel Hefter geben oder zeigen will. Weil das Fahrrad ungünstig steht, ist sie unsicher, wie sie es anstellen soll. Adrian gestikuliert, um verstehen zu geben, dass sie näher kommen soll, gleichzeitig reagiert er gestisch auf die Antworten im Telefon, man merkt, dass ihm die Antwort nicht gefällt oder zumindest zu weitschweifig ist, ab und zu ja, oder aber, doch er wird immer wieder vom Gesprächspartner zugetextet. Dann fällt das Fahrrad um. Die Assistentin legt die Hefter auf den Tisch, versucht dann das Fahrrad wiederaufzurichten, wobei einige Hefter vom Stapel rutschen und auf den Boden fallen. Adrian wieder am gestikulieren.
Adrian: Logarithmisch?!
Er hört wieder zu
Adrian: Innovations-Entropie, na ja, für Fördermittelbeantragungsprosa ist das auf jeden Fall ein sehr vielversprechendes Wort.
Hört zu
Adrian: Gut, dann schicken sie mir eine Mail und wir bleiben dran! Vielen Dank, auf Wiederhören
Er legt erleichtert, vielleicht auch etwas aggressiv den Hörer hin.
Adrian: So ein Schwätzer!
Assistentin: Entschuldigung
Adrian: Entschuldigung, wofür?
Assistentin: Für das Fahrrad, wegen dem Umfallen
Adrian: Ja und?
Assistentin: Vielleicht ist es beschädigt
Adrian: Auf keinen Fall, ein Fahrrad, das vom Umfallen gleich kaputtgeht? Da müsste ich ja Angst haben, dass es beim Fahren auseinanderfällt. Das muss es aushalten
Assistentin: Da bin ich beruhigt. Sie sind nicht böse auf mich?
Adrian schüttelt den Kopf
Assistentin: Das sind die Projekt von der Forschungsabteilung, die haben gesagt, da können diesen Monat noch drei dazukommen, und danach natürlich auch noch. Das werden immer mehr, die haben schon Angst, dass sie mit der Bearbeitung nicht mehr hinterherkommen.
Adrian: Die sind permanent überfordert, auch wenn sie nur ein einziges Forschungsprojekt verwalten.
Er nimmt einen der Hefter vom Stapel
Adrian: Meine liebe Mitbewohnerin ist ja auch dabei
Er blättert im Hefter

Szene 5: Büro Tickla
Tickla im neuen Büro, sie positioniert Laptop und Lampe, schiebt dann den Tisch an eine andere Stelle. Jetzt ist das Telefonkabel zu kurz. Gerade als sie das Telefon NICHT hinstellen kann, klingelt es. Sie setzt sich auf einen Bürostuhl und rollt während dem Telefonieren hin und her.
Tickla: Hallo, willst du mich zu meinem neuen Büro beglückwünschen?
Adrian: Davon weiß ich noch gar nicht!
Tickla: Ich habe jetzt ein eigenes Zimmer, ein eigenes Telefon und ein Telefonkabel, das zu kurz ist.
Adrian: Du weißt ja, dass ich an einer Metastudie über die Strukturwandelprojekte arbeite, und dein Projekt wurde mir von der Forschungsabteilung zur Analyse gegeben. Ich dachte du forscht an Minibiogasreaktoren für Ostafrika?
Tickla: Natürlich, aber für Ostafrika hat das Forschungsministerium kein Geld übrig, für West- und Zentralafrika auch nicht, das Geld ist dazu da, dass die dicken Lausitzer auch noch dicke Autos fahren können. Hat mein Chef gesagt, und er hat auch gesagt Minibiogasanlagen kann man genauso gut im Spreewald benutzen, oder auf der Datscha und außerdem sollen wir Technologie offen sein, und schon war ein bisschen Geld für mein kleines Labor und mein kleines Büro übrig. Jetzt brauche ich nur noch ein langes Telefonkabel.
Adrian: Ok, dann kümmere dich erstmal um das Kabel und bei Gelegenheit machen wir mal einen Termin aus, bei dem ich dich für meine Metastudie erfasse.
Tickla ist etwas verwirrt, legt auf. Denkt nach, tippt dann eine Nummer.
Tickla: Hallo, kann ich dich mal was fragen? Adrian hat bei mir angerufen, wegen seiner Metastudie, kennst du die, weißt du, um was es geht?

Szene 6, Büro Ravi
Im Gegensatz zu Adrians Büro ist Ravis Büro besser organisiert, aber auch hier liegen einige Ordner und Dokumente herum. Ravis sucht hektisch Unterlagen zusammen, während das Telefon klingelt. Er ist in Eile und beim Telefonieren sucht er auf dem Schreibtisch weiterhin Dokumente, hebt Stapel hoch, schaut in den Papierkorb, findet dort tatsächlich einen Zettel, den er wieder in einen Hefter einsortiert. Klickt auch noch mit der Maus, Fehlermeldung vom Drucker.
Ravi: Ach, Metastudie, klingt so hochtrabend, ist aber vermutlich banal. … Man kann über Forschung forschen. … Mein Projekt soll er auch analysieren, das ist klar. ….lass uns da mal bei Gelegenheit in Ruhe drüber reden, ich muss gleich beim Kanzler antanzen, wegen dem 25-Millionen-Forschungsantrag, der will noch Unterlagen haben und die Begründungen, der Antrag muss heute endlich gefixed werden. Ja, danke….
Er legt den Telefonhörer auf, stopft alle Zettel in eine Mappe,
Ravi (ruft zur Tür hinaus): Bitte Papier in den Drucker,
Packt noch einiges zusammen, dann zur Tür hinaus.

Szene 7: Vorzimmer von Ravi, Büro Gerlinde Girlande
Sekretärin Gerlinde Girlande kämpft mit dem Locher. Ravi sieht es und haut beherzt auf den Locher, so dass der dicke Stapel Papier mit einem Mal durchlocht wird.
Ravi: Ich weiß nicht, wie lange die Besprechung dauert, ich weiß nicht, ob ich noch mal ins Büro zurückkomme, aber ich weiß auch nicht, wer mich heute noch erreichen möchte, sollte, könnte… bis morgen.
Er rennt am Lift vorbei, die Treppe runter. Kaum ist er verschwunden geht die Lifttür auf, Esther kommt heraus, ohne dass sie ihn noch sehen könnte.

Szene 7B: Campus, vor dem Forschungszentrum
Das Auto mit dem Leverkusener Autokennzeichen im Bildvordergrund. Ravi hastet in Richtung Hauptgebäude, eventuell wirft er einen flüchtigen Blick auf das Fahrzeug und wird es später vor dem Haus wiedererkennen.

Szene 8: Cafeteria der Uni
Angela und Carlos in der Cafeteria, im Hintergrund sieht man Ravi auf das Hauptgebäude zusteuern.
Carlos: Das gibt Problem, das wird nichts. Die schaut mir immer tief und traurig in die Augen, wenn sie mir begegnet und sagt: Herr Sanchez, sie haben so eine schöne Hauptfarbe, die hätte ich auch gerne.
Angela: Ich auch, das ist nicht so schlimm
Carlos: Doch, das ist schlimm, so wie sie es sagt. Sie selber ist eine braun-gelbe Solariumsente und knitterig und alt
Angela: Du musst ihr zu verstehen geben, dass du kein Interesse an einer intimen Beziehung hast
Carlos: Aber das ist die Chefin, die Filialleiterin, wenn ich mich bei der unbeliebt mache, bin ich den Job wieder los. Die schwärmt immer von Kuba, ich bin kein kubanischer Loverboy
Angela: Ne, du bist ein guatemaltekischer Master
Carlos: …und muss mein Geld im Pfandflaschenkabuff verdienen.
Angela: Das kommt auch wieder besser
Carlos: Hoffentlich bald, Tickla hat jetzt ein Büro, ein Labor und kann eine Hilfskraft einstellen, aber sie selbst bekommt weiterhin nur ein halbes Promotionsstipendium. Sie hat gesagt, sie stellt sich selbst als Hilfskraft ein, aber wenn das nicht geht, dann darf ich vielleicht Hiwi werden
Angela: Sich selbst einstellen? Sie kann ja nur vorschlagen, wen sie haben will, aber den Vertrag macht der Prof und die Personalstelle. Und die wollen das bestimmt nicht, das ist deine Chance!
Carlos: Hiwi bei Tickla? Und bei Eichhörnchen! Besser als bei der Chefin aller Pfandflaschenautomaten. Ich halte dich auf dem laufenden.

Im Hintergrund holt sich Esther einen Kaffee, als Carlos aufsteht kommt er ihr so nahe, dass sie erschreckt und ihr schwappt etwas Kaffee in die Untertasse. Carlos bemerkt das und entschuldigt sich.

Szene 9: Im Flur der WG, Treppenhaus, WG-Wohnbereich
Carlos versucht den Wäscheständer zu reparieren. Es klingelt. Carlos an der Gegensprechanlage
Carlos: Hallo, Pakete in den Flur stellen, ich komme gleich
Esther auf der Straße, öffnet die Tür und schiebt sich gleich nach drinnen
Esther: Welches Stockwerk?
Carlos: 1. Stock, aber nicht nötig, ich komme runter
Carlos die Treppe abwärts, da kommt ihm Esther entgegen
Carlos: Ist der Paketdienst noch unten?
Esther: Da ist niemand, das bin nur ich, ich will zu Ravi
Carlos: Der ist aber nicht da
Esther geht an ihm vorbei und lässt sich kaum aufhalten
Esther: Das dachte ich mir schon, der hat einen ganz wichtigen Termin, weil er ja auch so wichtig ist…(spöttisch)
Carlos: jaja
Esther: Wir haben uns eben erst in der Cafeteria gesehen, du hast mir den halben Kaffee ausgeschüttet…
Carlos: Ach ja, hallo…
Esther: Aber das ist ja umso besser, ich denke du machst mir einfach noch einen Kaffee, ich würde gern auf Ravi warten, das geht doch bestimmt.
Carlos: Ja, ja, aber der Paketdienst
Esther: Da ist kein Paketdienst, ich habe geklingelt und ich bin Esther und ich komme aus Ravis glorreicher Vergangenheit, um ihn zu besuchen. Aber seine Gegenwart scheint auch glorreich zu sein, ich habe sein Bild in der Zeitung gesehen, mit dem Minister
Carlos: Das Bild habe ich gemacht.
Esther: Wirklich, das finde ich toll, bist du Fotograf?
Carlos: Nein, nein wir sind alle Wissenschaftler und das war nur Zufall, dass ich das Foto gemacht habe.
Esther: Alle Wissenschaftler? Hoffentlich darf ich hier überhaupt rein. Ich habe es nicht so weit gebracht, aber ich habe immer gestaunt, was Ravi alles weiß, und du? Wie heißt du?
Carlos: Carlos
Esther: Carlos, so ein toller Name, du bist bestimmt auch ein Universalgenie?
Carlos: Nein, das bin ich nicht,…nur ein Master, … der nicht als Master zählt,
Esther: Aber du hast so intelligente Augen,
Carlos: Findest du?
Esther: Welche Wissenschaft machst du?
Carlos: Interessiert dich das? Oder willst du Tee (es steht eine große Kanne da)
Esther: Beides, …und noch mehr, wer weiß, wann Ravi kommt, der ist doch so ein Arbeitstier, bei ihm kann es sein, dass er unangekündigt die Nacht im Büro durchmacht. Oder hat er sich gebessert?
Carlos: Das weiß ich gar nicht, er wohnt ja erst seit zwei Wochen hier und manchmal laufen wir uns über den Weg, aber meistens sehen wir uns nicht, es hat jeder einen eigenen Tagesablauf
Esther (erschrickt, weil der Staubsaugerroboter angefahren kommt): Was ist das?
Carlos: Das ist doch nur der Staubsauger
Esther: Aber der bewegt sich
Carlos: Na klar, muss er ja
Esther: Mir ist das unheimlich, kannst du den weg tun, … uhhh, der schaut mich an
Carlos: Der schaut nicht, die Augen sind doch nur aufgemalt
Esther geht hin und trägt den Roboter in den Flur, kurz darauf wieder das Geräusch des umfallenden Wäscheständers
Carlos: Ich glaube Ravi kommt nicht so bald, aber ich muss jetzt weg
Havin: Hallo, ich bin Havin
Carlos: Das ist Esther, eine Freundin von Ravi
Esther: Hallo, schön dich kennenzulernen, ich kann doch hier noch ein bisschen warten…
Havin: Warten, auf was?
Esther: Auf Ravi, bis er nach Hause kommt
Havin: Carlos, kümmerst du dich um sie?
Carlos: Nein, nein, ich gehe jetzt erst mal in die Bibliothek
Adrian mit Badminton-Schläger im Rucksack läuft im Hintergrund vorbei.
Adrian: Den Staubsauger nicht hochheben und wegtragen, da verliert er die Orientierung.
Carlos: Wissen wir, kommt nie wieder vor. Was hast du jetzt vor?
Adrian: Ich will ins Sportzentrum und danach nach mal ins Büro
Havin: Ich muss zum Rechenzentrum, …und allein bleibt hier niemand
Esther: Ravi kennt mich gut
Havin (sehr humorlos und bestimmt): Ravi ist nicht da und ich habe eben erst versucht, ihn zu erreichen, er geht nicht ans Telefon. Manchmal geht er in die Stadt essen. Wenn du dich in der Friedrich-Ebert-Straße in die sardische Tratoria setzt, wirst du ihn vermutlich eher treffen, als hier.

Szene 10: Straße vor dem WG-Haus, Döner-Imbis, Campus
Ravi auf dem Gehweg, er wirkt müde. Er sieht das Auto mit dem Leverkusener Nummernschild und wird stutzig. Ein Blick auf sein Smartphone zeigt ihm, dass er sechs Mal von der gleichen Nummer angerufen wurde, was ihm ein missmutiges Stöhnen entlockt. Er schleicht sich davon, geht zu einem Döner-Imbiss, dann ins Büro.

Szene 11: Im Forschungszentrum, Flur und Büro Ravi
Esther drückt eine Türklinke. Die Tür ist verschlossen. Mit suchendem Blick streift sie durch das Lehrgebäude. Sie findet tatsächlich noch einen Mitarbeiter.
Esther: Hallo, können sie mir vielleicht helfen, ich suche Herrn Miller, der soll noch hier sein.
Mitarbeiter: Das ist möglich, sie stehen ja direkt vor seiner Tür
Esther: Ja, dachte ich auch, aber es ist verschlossen
Mitarbeiter: (Drückt die benachbarte Tür) Eine verschlossene Tür ist normaler weise das Indiz dafür, dass jemand nicht da ist.
Esther: Oder, dass er sich eingeschlossen hat, weil er nicht gestört werden will.
Mitarbeiter: Ja, und dann sollte man ihn in Ruhe lassen.
Esther: Aber es brennt Licht, das hab ich von draußen gesehen, und wir hatten vor knapp einer halben Stunde telefoniert, da meinte er, er muss weitermachen, obwohl er schon total am Ende ist.
Mitarbeiter: Ich habe ihn die letzten Stunden nicht gesehen, da kann ich nicht helfen
Esther: Was sie nicht wissen: Ravi ist Diabetiker und manchmal, da arbeitet er bis zur Erschöpfung und fällt dann einfach um, das habe ich schon mal miterlebt, weil er zu eitel ist, immer diese Medikamente zu nehmen, er tut so, als sei er allem gewachsen und dann klappt er zusammen. Wenn wir jetzt nicht nachschauen, hat das womöglich fatale Folgen.
Mitarbeiter: Meinen sie das ernst?
Esther: Natürlich, total ernst, es würde mich nicht wundern, wenn er mit blauem Gesicht unter dem Schreibtisch liegt
Mitarbeiter: Wir können ja mal schauen (er hat den Schlüssel schon gezogen, öffnet)
Mitarbeiter: Es riecht nach dem Döner von der Gagarinstraße!
Esther: Das ist gut, gegen Unterzuckerung.
Mitarbeiter: … der Laptop fehlt… und der Bildschirm ist warm, also lange ist er noch nicht weg.
Er schiebt sie mehr oder weniger raus, macht das Licht aus und schließt wieder zu. Als sie schon etwas weitergegangen ist, ruft er ihr hinterher
Mitarbeiter: Wer sind sie überhaupt, damit ich Bescheid geben kann
Esther: Ich kenne Ravi von früher, aber jetzt bin ich im Ministerium für die Fördermittelvergabe zuständig. Mein Name ist Esther Mittelstrass.

Szene 12: Straße vor dem WG-Haus
Tickla beim Verlassen des Hauses. Der Zuschauer sieht den Schatten in dem geparkten Auto, aber Tickla bemerkt nichts.

Szene 13: Im Labor
Tickla trifft in der Laborhalle Kreislaufwirtschaft auf Carlos. Beide tragen Labormäntel. Ticklas Mantel ist strahlend weiß und gebügelt, während der Mantel von Carlos zerknittert, löchrig und fleckig ist.
Im Labor sind verschiedene Reaktoren, viele Rohrleitungen und mehrere große, silbrig glänzende Ballons, in denen das Gas aufgefangen wird.
Carlos: Schön, ist das alles deins?
Tickla: Von wegen, das da sind meine Apparaturen. (Sie deutet auf einige kleine, ramponiert aussehende Reaktoren)
Carlos: Ich dachte das soll zur Mülldeponie.
Tickla: Da kommen sie her, das war alles Müll. Meine Reaktoren werden aus Abfallprodukten gebaut, also Kanister, Fässer, Heizkessel, besonders gut sind alte Boiler. Es muss überall auf der Welt funktionieren. Als DIY-Lösung. Aber wir optimieren die bakteriellen Strukturen, die Wirkungsgrade, die Abhängigkeit von der Nährlösung und alles, was uns im Lauf der Arbeit noch einfällt.
Carlos: Was hört sich nach viel Arbeit an
Tickla: Wenn es erst mal funktioniert, forscht die ganze Welt mit, von Afrika bis Mexiko!
Carlos: Ich bin aber aus Guatemala
Tickla: Trotzdem sollen die Mexikaner mitmachen, und die Guatemalteken und Guatemaltekinnen hoffentlich auch.
Carlos: Ich mache mit, wenn ein Vertrag für mich rausspringt, wissenschaftliche Hilfskraft!
Tickla: Eichhörnchen hat gesagt, es geht, das Geld ist da, aber du weißt ja, musst du anmelden, deutsche Behörden wollen immer mitreden.
Carlos: Pinche Behörden, die sollten mithelfen, nicht mitreden
Tickla: Und du auch, das ist die Mischung, die du ansetzen sollst. (Sie hält ihm einen Ausdruck mit Tabellen hin. Er nimmt den Zettel und liest) Waage, Temperaturregler, Mixer, ist alles klar?
Carlos: Ne, gar nicht, willst du mir das nicht erst mal erklären?
Tickla: Ich dachte, du hast das im Praktikum schon gemacht
Carlos: Seitdem ist aber wieder so viel passiert, was mein Gehirn überlastet.

Während Tickla den Reaktor füllt, unterhalten sie sich weiter und sie gibt zwischendurch kurze Anweisungen
Tickla: Hier die Zutaten, da die Mischungsverhältnisse. Du darfst dich nicht so sehr von deinen Pfandflaschenautomaten durcheinanderbringen lassen und das ist der Mixer
Carlos: Ich mach dir den Mixikaner, das kann ich, shake it baby!
Tickla: Du musst dich konzentrieren, auch wenn es immer fast das gleiche ist. Wir werden viele Messwerte mit kleinen Schwankungen und großen statistischen Fehlern bekommen.
Carlos: Das bedeutet aber auch, dass unser Ergebnisse gar nicht so scharf sind, sondern für den Anwender eigentlich sein Gefühl mehr bewirkt, als unsere umständliche Forschung
Tickla: So darfst du das auf keinen Fall sagen, schon gar nicht, wenn Eichhörnchen da ist oder der Fotograf kommt.
Carlos: Wieso kommt der Fotograf? Ich dachte, ich soll die Fotos von den Versuchsapparaturen machen.
Tickla: Jaja, aber der hat gesagt, dass er unsere Wissenschafts-WG portraitieren will, bei uns zuhause im Wohnzimmer, living for science, wird der Slogan sein.
Carlos: Ganz schön hochtrabend. Was soll da auf dem Foto drauf sein?
Tickla: Du auch! Wir alle! Aber ich muss Ravi erreichen, damit er auch dabei ist, er weiß es noch nicht, dabei ist er der wichtigste!

Szene 14: Im Capsule-Hotel und auf dem Campus
Das Capsule-Hotel entstand im Rahmen eines Architekturseminars und ist ein kleines, exotisches Gebäude mit einer minimalisierter Übernachtungsmöglichkeit. Man kann das Zimmer im Capsule-Hotel mit Scheckkarte buchen und bezahlen. Es befindet sich neben der Partylokation „Lehmbaucafé“ und dem Forschungszentrum 3H mit Ravis Büro.
Es ist früh am Morgen. Ravi kriecht im Capsule-Hotel aus dem Bett. Er schaut aufs Smartphone, 13 Anrufe von einer unbekannten Nummer.

Ravi: 13 Anrufe, die Frau ist eine Zumutung!
Zieht sich an, klappt den Laptop zusammen und verlässt das Capsule-Hotel, als seine Assistentin vorbeiläuft.

Ravi: Frau Girlande, guten Morgen…
Girlande: Herr Miller, so früh schon da? Schlafstörungen?
Ravi: (recht unfreundlich) Das geht sie wohl nichts an!
Girlande: Entschuldigung, ich wollte nur freundlich fragen
Ravi: Und wenn sie jemand fragt, wie meine Privatadresse lautet, dann sind sie auch ganz freundlich?
Girlande: Habe ich da was falsch gemacht, die Frau Mittelstrass, die war sehr nett, und kennen sie die nicht?
Ravi: Ich kenne sie besser als mir das lieb ist. Habe ich ihnen Anweisung gegeben, meine Privatadresse an unbekannte weiterzugeben
Girlande: Aber sie ist nicht unbekannt, sie ist eine alte Bekannte, hat sie gesagt
Ravi: Jetzt halten sie mal die Klappe und widersprechen sie mir nicht. Meine Privatadresse geht niemanden etwas an. Schon gar nicht Frau Mittelstraß
Girlande: Wie reden sie mit mir?
Ravi: Sie haben Mist gebaut und ich sage ihnen das.
Girlande: Frau Mittelmaß war zuvorkommend und freundlich, es gab keinen Grund, ihr zu misstrauen. Ich weiß gar nicht wie ich sowas sagen soll, soll ich ihr sagen: Hauen sie ab!
Ravi: Ja, das sollen sie, aber anders formuliert. Sie werden doch wohl wissen, wie man jemanden abwimmelt, wenn ich gerade nicht zu sprechen bin, und wenn jemand die Privatadresse bekommen soll, dann bekommt er sie von mir, oder ich gebe ihnen explizit Bescheid, wer welche Adresse bekommt.
Girlande: ja…
Ravi: Und wissen sie was explizit heißt?
Girlande: (sehr verunsichert) Ich glaube schon
Ravi: Wenn ich ihnen sage, dass Frau Mittelstrass meine Adresse bekommen soll, dann bekommt sie sie! Sonst nicht!
Girlande: Soll ich sie ihr nun doch geben?
Ravi: Nein, nein, nein, ich wollte ihnen nur sagen, was explizit heißt. Außerdem hat sie die Adresse ja längst…
Girlande: Und haben sie sich getroffen?
Ravi: Nein, das habe ich zum Glück vermeiden können, und jetzt kochen sie Kaffee
Girlande: Ich dachte, ich bin nicht zum Kaffeekochen eingestellt, nur für Gäste
Ravi: Das Fettnäpfchen der Woche geht auf jeden Fall auch diesmal wieder an sie!
(nach einigen Sekunden Pause) Bitte machen sie mir einen Kaffee, nur heute!

Szene 15: Straße vor dem WG-Haus
Adrian joggt. Als er zurückkehrt, steht Esther wie zufällig mit einer Tüte Brötchen an der Haustür.
Esther: Hallo, bist du Adrian aus Ravis Wohngemeinschaft?
Adrian: Hast du ihn jetzt getroffen?
Esther: Ich will mit ihm frühstücken, habe die Brötchen dabei, langt für alle
Adrian: Das ist gut, aber ich muss erstmal duschen, du kannst so lange den Kaffee machen, wenn du kannst, kannst du?
Esther: Klar kann ich, wenn du mir sagst, wie die Maschine funktioniert, und wo der Kaffee ist, oder die Kapseln
Adrian: Du brauchst also erst noch Informationen, meine Frage bezog sich darauf, ob du selbstständig dazu in der Lage bist.
Esther: Willst du sagen, dass ich zu doof zum Kaffeekochen bin?
Adrian: Das sehen wir, wenn ich geduscht habe.
Esther fängt an in den Schränken zu suchen, drückt auf verschiedene Knöpfe der Kaffeemaschine, plötzlich zischt und faucht sie und Wasser wird unkontrolliert ausgespuckt, sie drückt weitere Tasten, aber das Desaster hört nicht auf
Havin (von hinten kommend): Hier musst du drücken! Damit die Maschine Ruhe gibt
Esther: Danke, und wie bekommen wir den Kaffee
Havin (Zieht eine Drückkanne aus dem Schrank): Hiermit! Adrian hat dich reingelegt, diese Kaffeemaschine funktioniert nur in Ausnahmefällen. Adrian weiß, dass du an ihr scheiterst und er kann sich dann als Helfer präsentieren. Er schafft es irgendwie, das Ding in Gang zu kriegen und er redet immer davon, dass er es repariert, damit man einfach aufs Knöpfchen drücken muss, aber in diesem Universum in dem wir leben, ist noch niemand aufgetaucht, der es machen könnte.
Esther: Carlos vielleicht…
Havin: Der scheitert bereits am Wäscheständer, Adrian will mit der Kaffeemachine seit drei Monaten ins Fab-Lab (Selbsthilfereparaturwerkstatt auf dem Campus, leider nur selten geöffnet), verpasst leider immer die Öffnungszeiten, und du offensichtlich auch!
Esther: Ich, wieso ich?
Havin: Weil Ravi nicht da ist. du hast ihn wieder verpasst
Esther: Aber ich bin mit ihm zum Frühstück verabredet.
Havin: Weiß er das auch? Er war heute Nacht nicht hier, ich höre, wenn er kommt.
Esther: Da hat er vielleicht seine Mailbox nicht abgehört. Kommt bestimmt gleich, Adrian freut sich auch schon auf die Croissants

Adrian (frisch geduscht und bekleidet): Ich will lieber das Vollkornbrötchen und habe noch 17 Minuten Zeit. Tut mir leid, dass es mit der Kaffeemaschine nicht geklappt hat, aber meine Forschungsprojekte beschäftigen sich schon immer um die Wechselwirkung von Mensch und Maschine, und hier geht es speziell darum, den Selbstwertverlust der Menschen durch Maschinenfehlversagen zu untersuchen.
Havin: Glaub ihm nichts, er wollte dich einfach verarschen und wenn ich nicht gekommen wäre, wäre jetzt die ganze Küche eingedampft und die Arbeitsfläche überschwemmt.
Adrian: Havin übertreibt, aber es wäre gut, wenn du diesen Fragebogen ausfüllst
Esther: Wie, bin ich jetzt eine weiße Maus in deinem Labor?
Havin verschwindet
Adrian: Mir geht es um die Frage: Wie funktioniert soziale und ökologische Verantwortung in der hocharbeitsteiligen modernen Welt. Welche Verantwortung muss im System verankert sein, und welche in den Menschen. Die moralische Bindung ist in den Wohlfahrtsstaaten sehr hoch, aber die Moral hat ganz viele Schlupflöcher, wenn widersprüchliche Wertesysteme kollidieren. Ich habe dich provoziert, deshalb konntest du die Finger nicht von der Maschine lassen, die eigentlich kaputt und unverständlich ist. Im Normalfall wird die Maschine beschimpft und zum Sündenbock hingestellt. Aber in fast einem Drittel der Fälle machen sich die Bedienungspersonen Selbstvorwürfe.
Esther: Dein Moral-Forschung erlaubt dir also, mich zu verarschen?
Adrian: Halbrichtig, aber auch halbfalsch. Es ergab sich aus der Tatsache, dass ich erst mal duschen musste und du nicht allein und untätig in der Küche sitzen solltest.
Esther: Eigentlich wollte ich mir anhören, was Ravi unverständliches zu erzählen hat, aber mit dir ist es noch intellektueller… (blickt auf das Formular) deshalb willst du vermutlich meinen Bildungsabschluss wissen, aber den möchte ich gar nicht angeben.

Während sie am Formular herumschreibt, bekommt Adrian eine Nachricht auf sein Smartphone.
Text Smartphone: Psychopathinnenalarm! Vorsicht mit Esther Mittelstrass! Nicht in die Wohnung lassen!

Szene 16: Campus und Büro Gerlinde Girlande
Tickla geht die Unistraße entlang, ihr fällt das Auto auf, dass auch schon nachts vor dem Haus stand, Autokennzeichen Leverkusen.
Dann rein in Ravis Institut, sie geht an der offenstehenden Sekretariatstür vorbei.
Gerlinde: Hallo, wohin wollen Sie?
Tickla: Zu Ravi, also zu Herrn Miller
Gerlinde: Das geht nicht, geht auf keinen Fall
Tickla: Wieso das denn nicht, ich war schon oft bei ihm.
Gerlinde: Begründung abgelehnt, kein Damenbesuch
Tickla: Wie bitte? Ich muss etwas mit ihm besprechen
Gerlinde: Das kann jeder behaupten, ich bin eisern.
Tickla: Ich glaube sie sind irre!
Tür geht auf, Ravi winkt sie zu sich rein
Ravi: Bei ihr geht das in Ordnung, Frau Girlande, und bitte einen Kaffee für meinen Gast.
Gerlinde: Wenn sie das sagen, dann mache ich das natürlich!

Szene 17: Ravis Büro
Tickla: Was ist denn los, wieso bist du verschwunden, wo hast du geschlafen und wieso geht’s du nicht ans Handy
Ravi: Warum? Gibt es was besonderes?
Tickla: Weil wir fotografiert werden sollen, großes Bild von der Science-WG
Ravi: Steckt da wieder der Trottel-Fotograf dahinter? Der hat mich schon mal aus dem Konzept gebracht.
Tickla: Doch genau von dem, ich habe ihm die Pflaster gut geklebt, er ist schnell geheilt
Ravi: Ich will nicht nach Hause
Tickla: Heute Abend um sechs bist du da, gut gelaunt und very scientific
Ravi: Da findet sie mich, die Psychopathin hat unsere Adresse, oder sitzt sie schon im Wohnzimmer?
Tickla: Meinst du Esther?
Ravi: Manchmal heißt sie Esther Mittelstrass, manchmal auch Corinna von Holzhausen-Hohenzollern. Glaub ihr nichts! Sie lügt ohne Hemmungen.
Tickla: Sie hat gestern mit Carlos Tee getrunken. Er sagt, sie ist hübsch und Carlos mag Blondinen. Ich habe sie nicht gesehen.
Ravi: Lasst sie bloß nicht rein, ich komme über den Hof. Wenn das mit dem Foto klappen soll, musst du mir helfen!

Szene 18: Campus am Capsule-Hotel
Esther steht an der Tür des Capsule-Hotels, während Alexander die Wäsche und Mülltütchen nach draußen trägt. Alexander war einer der Bewerber für Ravis Zimmer, hat Volkswirtschaftslehre studiert und ist der kapitalistische Gegenpol zur links-ökologischen kleinen Welt-WG.
Esther: Was ist das für ein Gebäude, kann man hier übernachten?
Alexander: Das ist das FCCH, First Cottbus Capsule-Hotel
Esther: Ich bin beeindruckt, haben sie das gebaut?
Alexander: Gebaut wurde das in einem Architektur-Seminar. Ich habe die Rechte für die weltweite Vermarktung erworben, aber die Vermarktung hapert noch, wird behindert von den schier unendlichen Behördenschikanen, … und vom Fachkräftemangel. Eigentlich ist alles super einfach, total automatisierter Check in, Check out, aber…
Esther: Lassen sie mich raten, man braucht jemanden, der die Betten bezieht?
Alexander: Genau das!
Esther: Ich habe schon im Hotelgewerbe gearbeitet, mein Chef sagte immer, man könne so viel Geld verdienen, wenn die Putzerei nicht wäre.
Alexander: Aber der Bettenbezieher muss auch das Smart-Home-Display verstehen, da hab ich zur Zeit niemanden, der beides kann und will, jetzt muss ich selber,…
Esther: Zeigen sie mal her…Vielleicht bin ich ihre zukünftige Vertriebsbeauftragte für Mittel- und Südeuropa? Oder die nächste Kundin, kann man da auch tagsüber eine Stunde buchen, für zwei Personen?
Alexander: So viel wie reinpassen. Ich finde das Menü extrem simpel! Hier, nach oben, controll, enter, controll check, enter, Temperatur, check, enter, supply, enter check, down, enter
Während er rumdrückt, schaut sie sich im Raum um, versucht Spuren von Ravi zu entdecken
Alexander: Last Consumer, da kann man nachschauen, wer da war
Esther: Wie geht das?
Alexander: Ganz einfach, brauche ich nicht zeigen
Esther: Doch, die Auswertung der Kundenprofile, ist das wichtigste für das Marketing
Alexander: Ja, aber nur wenn man Profile hat, ich habe nur die anonymisierte Kontoverbindung
Esther: Wie sieht das aus, drück mal Enter, Daten zu sammeln ist wichtig
Alexander: Data Analysis macht bei einem Zweibetten-Hotel wenig Sinn,
Esther: Nach vorne denken! Weltweite Vermarktung, da ist eine Kundenkartei unabdingbar.
Alexander: Naja, ich glaube, ich weiß schon, wie ich das einschätzen kann.
Esther: (drückt über seine Schulter den Enter Button) Dachte ich mir es doch, sind das die Übernachtungen dieser Woche
Alexander: Des Monats…aber das fällt unter den Datenschutz
Esther: Ich muss das verstehen, wenn ich Mitarbeiterin werden will, also Ravishar Miller war heute nach drin und letzte Woche von nachmittags von 13:58 – 14:36, das war ja ein sehr schneller Quicky
Alexander: Die Interpretation der Daten sollte nur anonymisiert durchgeführt werden.
Esther: Ravishar Miller, dass ist sowieso nur ein Deckname, so heißt doch niemand….

Offensichtlich hat sie die Information, die sie haben wollte und kümmert sich nicht mehr um Alexander. Beim Gehen, dreht sie sich nochmal um
Esther: Vielen Dank für die Informationen

Szene 19: Hinterhof des WG-Hauses
Tickla stellt die Leiter im Garten an die Mauer. Sie hat für den Fototermin ein besonders buntes Kleid angezogen.
Tickla: Ravi, bist du da?
Mülltonnengeklapper, dann erscheint sein Kopf
Ravi: Ist die Luft rein?

Szene 20: Im Wohnbereich
Die WG sitzt beisammen und diskutiert lebhaft über Esther.
Carlos: Man kann gut mit ihr plaudern, also ich konnte das gut, aber es muss ja etwas dahinterstecken, dass Ravi ihr so panisch aus dem Weg geht
Adrian: Sie hat eine beachtliche Zielstrebigkeit und lässt sich nicht so leicht aus dem Konzept bringen, das beeindruckt mich, aber systemisch müsste man das kanalisieren, ….
Havin: Zielstrebig? Ich würde sagen penetrant oder unverschämt.
Adrian: Aber doch nicht ohne Charme!
Havin: Wenn sie euch mit ihren Kulleraugen anschaut, dann nennen das Männer Charme, oder täusche ich mich da?
Tickla kommt mit Ravi
Ravi: Hallo Freunde, was für eine Message soll dieses Gruppenfoto verbreiten?
Adrian: Ich weiß auch nicht um was es geht, Tickla hat es in die Wege geleitet.
Tickla: Unsere tolle Wissenschafts-WG, Gruppenfoto für die Uni-Online-Zeitung. Ich habe mein Lieblingskleid an und ihr wieder alle eure langweiligen Normalo-Klamotten
Adrian: Stimmt nicht, Havin hat den Familiengoldschatz am Arm

Havin klimpert mit dem Schmuck. In der Tat trägt sie relativ viele Arm- und Fingerringe und dazu ein nerdiges T-Shirt mit dem arabischen Schriftzug „Ich habe die Null erfunden, weiß aber noch nicht, wozu sie gut ist“. Adrian hat ein frisches Hemd mit kleinteiligem, originellen Muster an, das erst bei genauerem Hinsehen zu erkennen ist. Carlos trägt ein beliebiges T-Shirt.
Carlos: Der Slogan soll sein „Living for Science“. Finde ich total übertrieben.
Adrian: Das stimmt, solange die Wissenschaft nicht systemisch von den Kapitalflüssen geschützt wird, macht das keinen Sinn, zumindest für mich nicht und ich hoffe für euch auch nicht.
Carlos: Das ist nur Livestyle-Gossip für die Marketingabteilung
Ravi: Aber was machen wir dann konkret, welches T-Shirt soll ich anziehen? Oder meinen guten Ministerbesuchs-Anzug?
Adrian: (ironisch) Alle Männer in Unterwäsche, die Frauen so, wie sie sind, Umkehrung der Klischees
Carlos: Ravi in seiner Leopardenmuster-Unterhose, er ist unser begehrtestes Sexidol
Ravi: Ich habe nur eine Verehrerin, und die ist schizoid.
Tickla: Untertreib nicht so schamlos, Ravi…
Adrian: Moment, aber wir müssen noch den ideologischen Hintergrund abklären, den Slogan lehnen wir ab, aber bekennen uns zu den Zielsetzungen einer Shared Community, zu einer ökologischen, selbstverantwortlichen Basisdemokratie.
Carlos: Muss das alles sein?
Adrian: Darüber wollen wir ja gerade diskutieren, was sein muss und was nicht
Ravi: Mir ist alles recht, aber ich muss mich wirklich umziehen.

Szene 21: Ravis Zimmer
Ravi vor dem Kleiderschrank und hinter ihm die offene Tür zum Flur.
Ravi schaut sich verschiedene Hemden an, kann sich nicht entscheiden. Es klingelt. Im Bildhintergrund läuft Tickla durch den Flur zur Sprechanlage.
Tickla: Ja, kommen sie in den ersten Stock
Ravi greift zu einem witzigen T-Shirt: Bayer Leverkusen, Heavy-Metall-Tournee-Hoodie oder T-Shirt von King Gizzard and the Lizard Wizard
Fotograf (Stimme aus dem Flur): Guten Tage, hier rein?
Tickla: Ja, wir sind schon ganz aufgeregt
Fotograf: Das ist nicht nötig, das machen wir ganz entspannt, das ist meine Assistentin.
Esther: Guten Abend!
Ravi bekommt einen Schreck, er schaut zur offenen Tür hinaus, der Fotograf und Tickla gehen vorbei und hinter ihnen Esther mit einem riesigen Koffer für die Fotoblitzanlage
Esther: Hallo
Cool und wie selbstverständlich geht sie an der Tür zum Gemeinschaftszimmer vorbei

Szene 22: Im Gemeinschaftsbereich
Fotograf: Ich habe ihnen Frau Mittelstrass mitgebracht, die wollte eh grad zu ihnen, und dann hat sie mir angeboten den Blitz zu tragen, und sie ist ja, was für ein Zufall, Fotoassistenz!
Ravi: Sie ist keine Fotoassistentin!
Esther: Doch das bin ich, das weißt du nur nicht, ich habe eine Ausbildung gemacht, nach dem Abi und vor dem Auslandsaufenthalt
Carlos: Zu mir hat sie gesagt, sie sei Linguistin
Havin: Ich dachte, sie studiert Weltkulturerbe
Tickla: Ich sehe sie zum ersten Mal, aber sie riecht nach Ärger
Esther: Das ist Lacoste for Woman
Tickla: Frauen die das benutzen, machen immer Ärger, meine Erfahrung!
Fotograf: Aber ich find es ganz gut, wenn wir drei Männer und drei Frauen auf dem Bild haben
Adrian: Aber sie wohnt hier doch gar nicht. Zum Konzept des Fotos besteht auch noch Diskussionspotential
Ravi: Außerdem ist sie ist Autofahrerin, die ist hier nicht integrierbar.
Adrian: Sie hat wohl auch keinen akademischen Abschluss.
Fotograf: Mir geht es einfach nur um die Wohnsituation, Leben und Forschen in Cottbus, da kann ein Gast mit dabei sein
Adrian: Da steckt aber doch ein ideologischer Background hinter dem visuellen Ergebnis, das müssen wir diskutieren, egal ob Esther im Bild ist, oder nicht
Fotograf: Frau Mittelstraß kann sich ja einfach nur um den Blitz kümmern
Esther: (Fummelt hilflos am Stativ herum) Aber wie geht da die Lampe drauf?
Fotograf hilft ihr beim Aufsetzen der Lampe
Ravi: Du hast von Blitzleuchten nämlich keine Ahnung.
Esther: Willst du jetzt wieder behaupten, dass ich dich verfolge?
Ravi: Das tust du doch sehr erfolgreich.
Esther: Das bildest du dir nur ein, weil du Bindungsängste hast, eine Paranoia, ich wollte meine Freundin Annegret in Berlin besuchen, aber die ist nach Frankfurt an der Oder umgezogen. Sagt mir Googlemaps, dass ich durch Cottbus fahren kann, und dann schlage ich die Zeitung auf und sehe, wie mein alter Freund Ravi dem Minister die Hand schüttelt, wer würde da nicht denken, dass man mal vorbeischauen könnte, zumal bei mir ja neulich diese Festplatte aufgetaucht ist, die du damals überall gesucht hast. Da sagte ich mir, bring ich dem lieben Ravi seine Festplatte vorbei.
Ravi: Was für eine Festplatte?
Sie holt etwas aus ihrer Handtasche,
Esther: Die hier, es steht Kern drauf
Ravi: Was? Die Festplatte vom CERN, die habe ich Monate lang gesucht.
Esther: Ich habe dir immer gesagt, du sollst deinen Wissenschaftskram nicht in meine Wohnung mitbringen, das ist gefährlich
Ravi: (reißt ihr die Platte aus den Händen) Wenn das die Versuchsdaten sind, an die ich jetzt denke…. Alles war in der Cloud gesichert, nur eine Versuchsreihe nicht, und dann wird mir der Laptop geklaut, und die Festplatte war ums Verrecken nicht zu finden
Havin: Wann warst du am CERN?

Ravi schließt die Platte am Laptop an und spricht währenddessen lebhaft weiter. Die anderen schauen über seine Schulter, der Fotograf fängt an zu fotografieren, auch Esther schaut auf das Display, Tickla reagiert auf den Fotografen mit übertriebenen Posen, während Ravi lebhaft gestikuliert und euphorisch ist, Carlos und Adrian nehmen schließlich auch zur Kenntnis, dass fotografiert wird, verhalten sich entsprechend und Havin unterkühlt, aber gut positioniert, sieht sowieso gut aus.
Ravi: Ich war nur parasitärer Wissenschaftler, von Karlsruhe aus, wir durften die Streustrahlung vom LHC für kristallografische Untersuchungen nutzen, da sitzt man immer nur rum und muss warten, bis der Large Collider startklar ist, der wird von einem großen Team betrieben. Wir, die Parasiten nutzen quasi die Strahlungsabfallprodukte, da wartet man in Bereitschaft, und dann geht der scheiß Laptop verloren, die Sicherungs-Festplatte ist eine Woche später unauffindbar, das ist das einzige schwarze Loch in meinem Wissenschaftslebenslauf. Das ist sie, das sind meine Messwerte. Außergerechnet am CERN passiert mir das, das darf eigentlich niemand wissen, das CERN hat riesige Rechner und Speicherkapazitäten, damit nix verloren geht, und ich habe es nur lokal gespeichert, das dürft ihr niemandem sagen, das ist geheim, damit könnt ihr mich erpressen, mich ruinieren. Schaut mal hier, die Fotos fallen auch unter die Vertraulichkeitsklausel, aber jetzt ist das egal. Da sitzt unser Team in der Abstellkammer, drei Nächte lang, und das ist der Atlas Detektor, eine gigantisches Ding sage ich euch, sowas habe ich nie vorher und nachher gesehen, so gigantisch, wer behauptet, das die Zivilisation nichts erreicht hätte, der muss zum Wandern in den CERN-Keller, danach ist er bekehrt, hier unser Team mit den Gastgebern, das Ding da im Hintergrund, das ist der Sockel vom Detektor, so ein Monstrum. Kostet eine Milliarde oder zwei, und da bin ich, und da mein damaliger Chef, zum Glück schon ein bisschen verkalkt, der hat nicht gemerkt, dass ein paar Versuchsreihen verschwunden waren, …
Fotograf: Wenn der mexikanische Herr bitte etwas nach links
Carlos: Ich bin kein Mexikaner, ich weiß auch gar nicht, wieso sie das vermuten.
Fotograf: Entschuldigung, ich dachte….
Carlos: Ich bin Guatemalteke
Fotograf: Ach so, Guatemalteke
Carlos: Genau, und deshalb bin ich kein Mexikaner
Ravi: Esther? Wieso bist du denn auf dem Bild?
Esther: Weil ich dich besucht habe. Als du mir die Anlage gezeigt hast.
Ravi: Da durften nur Forscher rein
Esther: Wir haben doch extra den Studentenausweis gefälscht, ich war Physikstudentin im 22. Semester, du hast dir so einen irren Titel für meine Diplomarbeit ausgedacht
Ravi (zoomt im Bild ran): Ja, da haben wir drüber geredet, aber wir haben es nicht gemacht.
Carlos: Reinretuschiert?
Ravi: Du denkst dir dein Lügen ja nicht mal mehr selbst aus, sondern klaust meine Ideen.
Esther: Ich habe gesagt, dass wir nur einen Studentenausweis brauchen.
Ravi: Dich als Physikstudentin auszugeben, das wäre ja ein Himmelfahrtskommando, das merkt doch jeder, dass du dazu viel zu doof bist.
Esther: Ich bin nicht doof. Du undankbares Arschloch, ich fahre durch das ganze Land, um dir deine Festplatte, die du verschlampt hast, hinterherzutragen und du beschimpfst mich.
Ravi: Ich sage nur, wie es ist!
Havin: Das sieht merkwürdig aus, da an den Haaren
Der Fotograf beugt sich auch noch über die Schultern, um das Bild in Augenschein zu nehmen.
Fotograf: Das Licht kommt von der Seite, in ihrem Gesicht, bei den anderen kommt es von oben, das sieht nach Fotomontage aus
Ravi: (Steht auf) Du bist ja total irre!
Esther: Reg dich doch nicht so auf!
Ravi: Vielleicht hast du ja auch an den Messdaten ein bisschen was verändern, um dich in mein Leben zu schleichen, was für ein Wahnsinn.
Esther: Das würde ich doch nie tun.
Ravi: Du bringst alles fertig. (an die Anderen gerichtet, um Beherrschung bemüht) Wenn wir einen Eklat vermeiden wollen, dann muss jetzt sofort eine Person, das Haus verlassen und haltet mich fest, sonst könnte es zu Handgreiflichkeiten kommen (mit übertriebenen Pathos deutet er auf Esther)
Esther: Ich dachte, du freust dich, wenn ich dich in der scheiß Provinz besuche und dir ein paar hübsche Fotos mitbringe
Havin: Ich habe dich schon gestern gebeten, die Wohnung zu verlassen, jetzt kommt das letzte und endgültige Mal. Ich bringe dich zu Tür. Eine Rückkehr ist ohne ausdrücklichen Mehrheitsbeschluss unserer Wohngemeinschaftsvollversammlung nicht erlaubt, vergiss dein Handtäschchen mit den gefälschten Beweisen nicht, und den Blitztechnikkoffer wird der Fotograf selbst hinuntertragen.
Ravi: Und wir hoffen, er stolpert nicht, viel Spaß bei deiner Freundin in Frankfurt an der Oder, aber es würde mich sehr wundern, wenn es die überhaupt gibt. Bitte besuch mich nicht, nie wieder, was immer auch passiert!

Szene 23: Im Flur
Havin bringt Esther zur Haustür
Esther: (gehässig) Bist du hier die Haremswächterin?
Havin: FOAD!
Fragender Blick von Esther
Havin: Fuck Off And Die, ich kann viele Nahkampfsportarten
Sie öffnet die Tür gerade in dem Moment, in dem es auch klingelt. Vor der Tür stehen zwei Polizeibeamte.

Ende Folge 3
Weiter zur Folge 4

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert