Ich bin ein Poet, oder?

Rückblickend ist im Jahr 2022 nur wenig passiert und auch dieses Bild entstand bereits im Frühling als das letzte einer kleinen Serie, die im Herbst begonnen wurde. Es gibt auch ein Lied dazu und das Werk in voller Größe kann man in der Bildgalerie betrachten. Der Kenner des ZMOT-Repertoires kann sich daran erfreuen, dass die Titel der vielen Bücher jeweils Lieder von ZMOT sind. Also mal wieder eine Menge Selbstrefferenzialität.

Die Selbstdefinition als Poet, der zudem noch mit der anachronistischen Schreibmaschine vor sich hinschreibt, ist rein intuitiv entstanden, so wie die meisten meiner Bilder und Texte. Da sind einzelne Zeilen oder ein Gekritzel und das wächst in die Form hinein, die es auszufüllen gilt. Also entweder ein Lied mit Strophen und Refrain oder die Fläche eines rechteckig zugeschnittenen Papiers. Hinterher muss ich mir manchmal die Frage stellen, ob das, was ich ausdrücken wollte, verständlich ist. Oder ist es einfach nur therapeutisch und selbstentlarvend? Ja, ich wäre gerne nur Poet und in dem bildungsbürgerlichen Kontext in dem ich aufgewachsen bin, befreit mich das von Verantwortung, aber legitimiert mich dazu, zu allem meinen Senf dazuzugeben, wenn er schön formuliert ist. Aber indem ich das hinterfrage, befriedigt mich diese Rolle keineswegs.
Zum Glück bin ich nicht nur Poet, sondern auch Bürger und Teilhaber an der oft heraufbeschworenen Zivilgesellschaft. Da kann ich meinen Willen zur Verantwortung durch demokratische Prozesse ebenfalls einbringen. Sehr mühsam und langsam, aber authentisch und legitim.
Tracy Neumann hat uns (ZMOT) interviewt und wir haben sie über eine Stunde lang zugetextet. Es klingt ziemlich bedeutungsschwanger, was ZMOT zusagen haben. Eben das, was alle Künstler von sich behaupten: Für eine andere, bessere Welt einzutreten. Och hatte gehofft, es kommt im Interview etwas mehr Selbstironie oder Skepsis rüber. Weltverbesserung mit Akkordeon und mechanischer Schreibmaschine? Ein zum Scheitern verurteiltes Unterfangen.
Aber wenn alle mitmachen, geht es vielleicht doch!

1 Anmerkung zu “Ich bin ein Poet, oder?

  1. Stefan Hetzel

    Was mir als altem Weggefährten auffällt, ist, wie stark sich der Impetus deiner Arbeit vom Dada- und Fun-Impuls der frühen Jahre entfernt hat. Es ist allerdings keine echte Revision, denn all die Öko- und Konsumkritik-Aspekte waren auch immer schon da. Wenn man wollte, konnte man sie allerdings auch übersehen oder gar parodistisch interpretieren. Das geht jetzt nicht mehr. Du bist künstlerisch nicht stehengeblieben, sondern hast dein Schaffen peu à peu den immer weniger verspielten Zeitläuften angepasst, also genau das getan, was ein Künstler tun sollte, der glaubwürdig bleiben will.

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